Der folgende Artikel soll den aktuellen Stand der Wissenschaft in Punkto Krafttraining für Triathleten betrachten. Dabei möchte ich darauf eingehen, was Krafttraining für Triathleten überhaupt bringt, warum man sich nicht vor Muskelbergen fürchten braucht und wie ein Training für einen Triathleten aussehen kann.

Einer Studie zufolge haben nur etwas mehr als die Hälfte aller Langdistanztriathleten überhaupt Krafttraining in ihrem Training integriert. Das ist zwar sicher mehr als noch vor 10 Jahren, aber trotzdem scheinen die Vorzüge gezielten Krafttrainings im Triathlon noch nicht bei allen Sportlern hinreichend bekannt zu sein.

Warum sollte nun ein Triathlet, der bereits ein enormes Trainingspensum hat, noch zusätzlich Zeit für ein Krafttraining investieren?

Hier geht es um zwei Bereiche: Leistungssteigerung und Verletzungsprävention.

Leistungssteigerung

Die Leistung wird in den reinen Ausdauersportarten von den drei physiologischen Faktoren Übungsökonomie (z.B. Laufökonomie), maximale Sauerstoffaufnahme (=VO2max) und die anaerobe Schwelle.

Es zeigt sich, dass Leistungssportler im Triathlon maximale VO2max-Werte erreichen, die zwar nahezu doppelt so hoch sind wie jene von untrainierten Menschen, innerhalb der Gruppe der Triathleten gibt es aber hier sehr wenig Varianz. Auch die anaerobe Schwelle ist bei allen Top Triathleten ähnlich hoch entwickelt. Anders ausgedrückt: Die VO2max und die anaerobe Schwelle müssen sehr gut trainiert sein, sie entscheiden aber nicht über die Platzierung, sondern sind eher eine Voraussetzung, um überhaupt beim Rennen mitmachen zu können.

Die Übungsökonomie ist jene Variable, wo sich nun die Spreu vom Weizen trennt – bis zu 65% der Variation in Laufperformance in High-Level-Läufern lassen sich aufgrund der Unterschiede in der Laufökonomie erklären. Unter Übungsökonomie versteht man den Energiebedarf, der bei einer bestimmten gegebenen submaximalen Intensität erforderlich ist.

Betrachten wir die gesamte Rennzeit im Langzeittriathlon, so entfallen 55% davon auf das Fahrradfahren und 35% auf das Laufen. Somit wird die Wichtigkeit besonders dieser beiden Disziplinen sichtbar.

Die Radfahr- und Laufökonomie sind multifaktoriell und werden von anthropometrischen, physiologischen, biomechanischen und neuromuskulären Faktoren beeinflusst. Und diese neuromuskulären Faktoren lassen sich sehr gut durch Krafttraining beeinflussen.

Verletzungsprävention

Was ist noch schlechter als ein schlechter Trainingsplan? Eine Verletzung, die dich nicht mehr trainieren lässt, wobei diese beiden Punkte sehr häufig zusammenhängen.

87% aller Triathleten einer Studie berichten von Überlastungsverletzungen. Die am häufigsten betroffenen Köperregionen sind die Achillesfersen, die Knie, die Oberschenkelrückseite (=Hamstrings) und der untere Rücken. Ein verletzungsfreier Athlet ist nicht zwangsweise der Beste. Wer aber häufig verletzt ist, wird es kaum zur Spitze schaffen.

Es gibt zwar noch keine Studien, die sich konkret die Auswirkungen von Krafttraining auf die Verletzungen von Triathleten angesehen hat, aber aus anderen Sportarten wissen wir, dass Krafttraining Überlastungsverletzungen um fast die Hälfte reduzieren kann.

Durch Krafttraining kann auch die Biomechanik so verbessert werden, dass die starken Bodenkräfte besser abgeleitet werden können und so Stressfrakturen reduziert werden.

Barrieren und Irrtümer rund um das Krafttraining für Triathleten

Wenn das Krafttraining nun so gut ist, warum sind dann die Kraftkammern dieser Welt nicht voller Triathleten?

Die Zeit wird als die häufigste Herausforderung genannt. Nicht selten haben Triathleten ein Trainingspensum von 16-20 Stunden pro Woche oder sogar noch darüber. Da ist es verständlich, dass beim Thema Krafttraining schnell einmal als Antwort „wie soll ich das auch noch unterbringen?“ kommt. Es reichen aber relativ kurze Einheiten von 30-60 min.

Und es zeigt sich auch in Studien, dass die Kannibalisierung einer Ausdauereinheit zugunsten einer Krafteinheit mehr bringt als Ausdauertraining allein.

Darüber hinaus geben viele Sportler an, in der Kraftkammer nicht zu wissen, welche Übungen sie machen sollten und wie deren korrekte Ausführung aussieht.

Und wie sieht es nun mit den Muskelbergen aus? Es hat sich gezeigt, dass Triathleten in einigen Studien Muskelmasse aufbauen konnten, aber ohne eine Erhöhung des Gesamtkörpergewichts. Sprich, es wurden Muskeln auf- und Fett abgebaut.

Intensität: KEIN Kraftausdauertraining!

Jetzt kommt der Punkt, wo ich vielen Ausdauerathleten widersprechen werde. Es hat sich nämlich schon seit geraumer Zeit gezeigt, dass Kraftausdauertraining nicht die erhofften Erfolge bringt. Wenn du in der Kraftkammer versucht, deine Schwimmbewegung nachzuahmen, ist das Training im schlimmsten Fall nicht nur nutzlos, sondern du zerstörst dir eventuell sogar deine Schwimmtechnik. Gleiches gilt, wenn mit Gewichten in Händen gelaufen wird. Bitte auf keinen Fall machen, sonst könntest du dir deine Lauftechnik zerstören!

Das traditionelle Ausdauertraining soll dazu verwendet werden, die kardiovaskuläre und muskuläre Ausdauer zu verbessern. Das Ziel des Krafttrainings hingegen soll es sein, die Maximalkraft, die Geschwindigkeit der Kraftentwicklung, die Power sowie die neurale Aktivität zu verbessern. Diese Aspekte führen dann auch zu einer Verbesserung der oben besprochenen Lauf- und Radfahrökonomie.

Wir kommen nicht daran herum, schwere Lasten zu bewegen, also Sätze mit 1-8 WH, sprich >80% des 1RM (= One repitition maximum), 3-5 Sätze pro Übung. Zusätzlich können auch noch Plyometrische Übungen (=Sprünge) gemacht werden, wobei sich hier ein geringerer Effekt auf die Laufökonomie als beim Krafttraining gezeigt hat. Auf die Radfahrökonomie zeigen Sprünge keinen Effekt, hier hilft nur Krafttraining.

Wie könnte nun so ein Beispieltag im Krafttraining aussehen, der alle drei Disziplinen abdeckt?

Sätze WH
Verletzungsvorbeugung
Scapula Push-Ups 2 12
Step Ups 2 12
Staggered Stand Deadlift 3 8
Performance / Kraft
Hang Power Clean 4 3
Kniebeugen 4 4
Lat-Zug 3 6
Sitzendes Wadenheben 3 12

Dies ist natürlich nur ein Vorschlag. Je nach individueller Ausganglage sollte dieser Plan angepasst werden. Außerdem wäre es auch noch eine gute Idee, in manchen Zeiten den Fokus etwas mehr auf den Latissimus (für Schwimmen) und in anderen Zeiten auf die Beine zu legen.

Wie oft soll ich trainieren?

Kein Triathlet wird wie ein Bodybuilder 4-5x pro Woche für 1,5h in die Kraftkammer gehen – und das ist auch absolut nicht notwendig. In der Winterzeit, wenn das Training draußen nicht ganz so einladend ist, würde ich zweimal pro Woche Krafttraining empfehlen für einen Zeitraum von zumindest 6-8 Wochen, um eine Basis aufzubauen. Wenn später im Jahr die Zeit nicht mehr zulässt, sollte ein Krafttraining pro Woche zu 20 min reichen, um die Kraftzuwächse zu behalten.

Noch ein paar Punkte zum Berücksichtigen:

  • Wenn möglich, mach das Krafttraining an einem Tag, an dem du kein Ausdauertraining absolvierst.
  • Wenn das nicht möglich ist, dann Vormittag Ausdauer und Nachmittag Kraft. Sollte es nicht möglich sein, das Ausdauertraining vorher zu machen, dann ist nach dem Krafttraining eine Schwimm- oder Radfahreinheit unter der anaeroben Schwelle empfohlen.
  • Lass zwischen den Kraft- und den Ausdauereinheiten 6-9 Stunden Zeit für optimale Regeneration und Trainingsanpassung.
  • Versuche, Laufintervalle oberhalb der anaeroben Schwelle innerhalb von 48-72 Stunden nach einem schweren Krafttraining zu integrieren.
  • Überwache deine Müdigkeit zwischen den Kraft- und Ausdauereinheiten.

Ich hoffe, du hast nun als Triathlet keine Angst mehr vor schwerem Krafttraining, sondern suchst noch heute ein gutes Fitnessstudio für dein Training auf.

Wenn du professionelle Trainingsbetreuung im Krafttraining willst, kannst du mich gerne kontaktieren.

Frei nach dem Motto eines Triathleten:

Noch eine weitere zusätzliche Ausdauereinheit wird mir wohl nicht mehr so viel bringen. Lass uns Krafttraining versuchen.

Quelle: DOI:10.1519/SSC.0000000000000660
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