Viele Trainierende lieben den Muskelkater nach dem Training, weil er ihnen das Gefühl gibt, ein gutes und wirksames Training absolviert zu haben. Doch ist es so einfach, dass man sagen kann Muskelkater = Muskelaufbau?

Zuerst einmal kurz eine Erklärung, was Muskelkater überhaupt ist: Laut derzeitigem Stand der Wissenschaft ist das Phänomen Muskelkater noch nicht zu 100% geklärt, er scheint aber das Produkt einer Entzündung zu sein, die durch mikroskopisch kleine Risse im Bindegewebe verursacht werden. Also Muskelkater tritt nicht durch Übersäuerung (Laktat) auf, wie früher vermutet wurde.

Am ehesten tritt Muskelkater bei neuen, ungewohnten Stimuli auf. Das heißt, wenn du eine neue Übung oder einen neuen Trainingsplan machst, hast du mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit den größten Muskelkater. Sowohl konzentrische als auch exzentrische Bewegungen können Muskelkater verursachen, Studien zeigen allerdings, dass in der negativen Phase (also z.B. beim Ausstrecken des Armes bei einem Bizeps Curl) mehr Muskelfaserrisse verursacht werden.

Wie die meisten wohl auch schon am eigenen Körper festgestellt haben, beginnt der Muskelkater etwa 6-8 Stunden nach dem Training und ist am übernächsten Tag am schlimmsten, also sprich nach 48 Stunden. Wie lange er dauert, hängt von der Trainingsintensität, dem Trainingsstatus und der Genetik ab. Das Geschlecht spielt dabei keine Rolle.

Also ist nun effektiver Muskelaufbau auch ohne Muskelkater möglich?

Die kurze Antwort: JA.

Die etwas längere Antwort: Da Muskelfaserrisse Muskelwachstum verursachen und Muskelkater als grober Indikator für diese Muskelfaserrisse hergenommen werden kann, gibt es schon eine gewisse Rechtfertigung, aktiv den Muskelkater zu „suchen“, wenn maximaler Muskelaufbau das Ziel ist.

Allerdings sollte man hier aus mehreren Gründen Vorsicht walten lassen:

  • Man kann auch nach dem Laufen eines Marathons oder nach einem Radrennen einen Muskelkater haben. Und da diese Aktivitäten prinzipiell nicht mit Muskelaufbau einhergehen, ist offensichtlich ein Muskelkater allein nicht unbedingt ein Indikator für Muskelaufbau.
  • Die Genetik scheint eine nicht unwesentliche Rolle zu spielen: So haben manche Sportler über Jahre hinweg fast ständig Muskelkater, wohingegen andere nur selten diese Schmerzen haben.
  • Bodybuilder, dass sie in manchen Muskeln häufiger Muskelkater spüren als in anderen, was sich auch mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen deckt.
  • Sehr starker Muskelkater ist eher zu vermeiden, da dies ein Zeichen dafür ist, dass der Sportler die Grenze überschritten hat, bis der sich der Muskel effizient selbst reparieren kann. Zusätzlich beeinflusst Muskelkater auch die Trainingshäufigkeit und somit auch das Volumen, das als eines der wichtigsten Faktoren im Krafttraining gilt.

Was hilft gegen Muskelkater?

Zuerst einmal, was definitiv keinen Muskelkater vorbeugt: Dehnen. Ganz gleich ob vor oder nach dem Training, dehnen hilft nicht gegen Muskelkater, sondern kann diesen sogar noch verstärken, da zusätzliche Muskelfaserrisse herbeigeführt werden können, wobei hier auch die Art des „Dehnens“ eine Rolle spielt.

Was hilft, wenn der Muskelkater schon da ist: Leichtes Training bzw. generell Bewegung. Und ansonsten haben folgende Maßnahmen noch eine wunderbare Wirkung für ein schnelleres Verschwinden des Muskelkaters:

  • Entspannungsbad
  • Sauna, Dampfbad, Infrarotkabine
  • Magnesium


Quellen:

https://journals.lww.com/nsca-scj/fulltext/2013/10000/Is_Postexercise_Muscle_Soreness_a_Valid_Indicator.2.aspx
„Is Postexercise Muscle Soreness a Valid Indicator of Muscular Adaptations?“ by Brad J. Schoenfeld, MSc, CSCS, CSPS1 and Bret Contreras, MA, CSCS2


https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27409551
„Is Lactic Acid Related to Delayed-Onset Muscle Soreness?“ by James A. Schwane , PhD, Bruce G. Watrous , MS, Scarlet R. Johnson , BS & Robert B. Armstrong , PhD

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8451526
„The Effects of Static and Ballistic Stretching on Delayed Onset Muscle Soreness and Creatine Kinase“ by Lucille L. Smith , Mark H. Brunetz , Thomas C. Chenier , Michael R. McCammon , Joseph A. Houmard , Mary Ellen Franklin  & Richard G. Israel